UNTERNEHMERIN

Die Dynamik nutzen und Gründerinnen weiter stärken

Die gute Nachricht zuerst: Der Anteil an Start-up-Gründerinnen in Deutschland ist in diesem Jahr erstmalig auf 20 Prozent gestiegen. In 37 Prozent der Gründungsteams ist aktuell mindestens eine Frau vertreten. Aber auch wenn das einen Schritt nach vorn bedeutet, sind Frauen im Start-up-Ökosystem weiterhin stark unterrepräsentiert. Die Diskrepanz wird besonders im Digitalsektor sichtbar, mit deutlichen Schieflagen in wichtigen Bereichen wie Software-as-a-Service oder Software-Entwicklung. Dabei treiben gerade Start-ups in diesen Sektoren Innovationen für die gesamte Wirtschaft voran.

Woran liegt das? Frauen stehen als Gründerinnen vor mehr Herausforderungen als nur den unternehmerischen. Sie haben häufig einen schlechteren Zugang zu Netzwerken. Das zeigt sich auch in den Investmentzahlen. Männerteams erhalten fast neunmal so viel Kapital wie Frauenteams, wie wir vom Start-up-Verband im aktuellen „Female Founders Monitor“ zeigen. Dass eine überwältigende Mehrheit von 98 Prozent der Investor*innen – egal ob Business Angel oder VC-Investor – Männer sind, ist sicher nicht hilfreich dabei, ein geschlechtergerechteres Investitionsumfeld zu schaffen.

Dabei ist es eine gute Idee, in Frauen zu investieren, denn Frauen sind heutzutage bestens ausgebildet und haben damit ein enormes Potenzial. Gründerinnen verfolgen zudem häufiger als Männer übergeordnete gesellschaftliche Ziele und sind stärker in Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Ernährung vertreten. Mehr in Frauen zu investieren ist also ein guter Business Case und zahlt darüber hinaus auf die aktuell so wichtige Stärkung der unternehmerischen Verantwortung ein. Dies erkennen immer mehr Investor*innen – auch hier tut sich also langsam etwas.

Um beim Thema Gründerinnen in den kommenden Jahren aber wirklich voranzukommen, müssen wir an die grundlegenden Strukturen ran. Viele Frauen stehen vor der Herausforderung, Unternehmertum und Familie zu vereinbaren. Frauen, also auch Unternehmerinnen, leisten – immer noch – den Hauptteil der Care-Arbeit. Auch wenn die Selbstständigkeit mehr Flexibilität zulässt, sind die Absicherungen für und die Unterstützung von Unternehmerinnen in der Familiengründungsphase in Deutschland noch stark ausbaufähig. Wir müssen Mutterschutz und Elternzeit auch attraktiv für Unternehmerinnen gestalten. Gemeinsam mit dem VdU und dem Bundesverband der Freien Berufe machen wir uns als Startup-Verband daher für eine bessere Vereinbarkeit stark!

ZUR PERSON
FRANZISKA TEUBERT ist Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutsche Startups e. V. und vertritt die Interessen von gut 1200 Mitgliedern. Mit ihrem Team setzt sie sich für bessere Rahmenbedingungen für Gründer*innen in Deutschland ein. Eines ihrer Herzensthemen ist die Förderung von Gründerinnen und Investorinnen für ein diverseres Start-up-Ökosystem.

BÜNDNIS FÜR BESSERE VEREINBARKEIT VON UNTERNEHMERTUM UND FAMILIE
Der Bundesverband Deutsche Startups, der VdU und der Bundesverband der Freien Berufe setzen sich gemeinsam für eine bessere Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie ein. Das Ziel: Frauen sollen eine größere Rolle in der Wirtschaft spielen, Selbstständigkeit soll gefördert werden. Konkret fordert das Bündnis eine bessere finanzielle Absicherung von Müttern. Daher bedürfe es größerer Rücksicht auf selbstständige Gründerinnen und Unternehmerinnen beim Mutterschutz und in der Ausgestaltung und Berechnung des Elterngelds sowie eine systematische Absetzbarkeit beruflich veranlasster Kinderbetreuungskosten. Die Vorschläge sind in einem gemeinsamen Positionspapier zusammengefasst, das auf den Websites der Verbände abrufbar ist. Hier gelangen Sie zum Positionspapier.

Foto: Bundesverband deutsche Startups e.V./Lukas Schramm

Dieses Kolumne wurde erstmals in der UNTERNEHMERIN (2022/2) veröffentlicht.