Nachfolge

Weibliche Nachfolge im Fokus: „Mein Vater hat meine Stärken schon vor mir erkannt“

Romy Lange hat vor fünf Jahren das internationale Speditionsunternehmen Lange & Töchter von ihrem Vater Joachim Lange übernommen und trägt seitdem nicht nur die Verantwortung für 24 Mitarbeiter, sondern auch für eine Flotte 40-Tonner.

Romy Lange ist eine Unternehmerin, die das Leben nimmt, wie es kommt. Einmal selbst Chefin zu werden, war für sie zunächst kein Thema. Ihre Lebensplanung vor der Wende 1989 sah eine Ausbildung zur Gärtnerin vor, doch der Umbruch machte ihren Berufswunsch zunichte und auch die Einführung des 13. Schuljahres zum Abitur und somit ein weiteres Schuljahr entsprachen nicht dem, was Romy Lange sich wünschte. Vater Joachim Lange erkannte die Unentschlossenheit seiner Tochter und legte ihr einen Ausbildungsvertrag der Emons Spedition mit den Worten, „wenn du nicht weißt, was du machen willst, kannst du hier unterschreiben“ vor.

„Meine Überlegungen zu dem Zeitpunkt waren, eine Ausbildung als Kauffrau kann nicht schaden, so bin ich flexibel und kann überall arbeiten. Ich nahm die Chance wahr und begann die Ausbildung zur Speditionskauffrau. Ziemlich schnell fand ich heraus, dass die Ausbildung mir richtig Spaß machte und mein Vater meine Stärken wohl schon vor mir erkannt hat“, beschreibt Lange ihre spontane Entscheidung. Die Emons Spedition bildete zu der Zeit nur Speditionskaufleute aus, welche auch später übernommen werden sollten. Dementsprechend hoch war auch die Erwartung an Romy Lange. Trotzdem fällte sie nach einem Gespräch mit ihren Eltern im Sommer 1995 die Entscheidung, die Emons Spedition zu verlassen und im elterlichen Betrieb anzufangen.

Seitdem ist in dem Familienunternehmen viel passiert: „2011 überredeten wir Töchter unseren Vater ein neues Firmenlogo zu gestalten und Lange & Töchter auf den Briefbogen, die LKWs und die Planen der Auflieger zu schreiben. Ab Januar 2012 zeigten wir somit der Öffentlichkeit – wir sind weiblich“, so Langes Rückschau. Der Unternehmensname Lange & Töchter ist in der Branche so einzigartig, dass Romy Lange nun Anrufe fremder Menschen von der Autobahn aus erhält, die sagen, dass sie den Namen großartig finden.

Im Jahr 2014 eröffnete Joachim Lange der Familie, dass er im darauffolgenden Jahr für neun Wochen mit dem Motorrad an den Baikalsee fahren würde. „Wir fanden die Idee super, stellten uns jedoch die Frage – ist das nicht der Zeitpunkt für ihn loszulassen?“ erzählt Romy Lange. Zusammen mit der Steuerberaterin, welche das Unternehmen seit Jahren erfolgreich begleitet, stellte sie ihren Vater vor die Wahl das Unternehmen zu übergeben und sich zurückzuziehen, denn andernfalls sah sie sich gezwungen ihre Zukunft neu auszurichten. „Schließlich war ich auch nicht mehr die Jüngste und wollte nicht noch zehn Jahre auf die Übernahme warten. Hätte mein Vater der Übergabe nicht zugestimmt, wäre ich eigene Wege gegangen und hätte das Unternehmen verlassen“, so die heutige Chefin.  

Seit der Übernahme und Gründung der Lange & Töchter GmbH im Jahr 2015 hat Romy Lange das Speditionsunternehmen in Brandenburg an der Havel erfolgreich weiterentwickelt. Das ursprüngliche Betriebsgelände wurde schnell zu klein und so liebäugelte die Firmenchefin immer wieder mit einem Grundstück in Brandenburg, konnte sich jedoch zunächst nicht dazu entschließen den großen Schritt zum Neubau zu wagen. „2018 blickte ich auf die ziemlich erfolgreichen Jahre der GmbH seit Gründung zurück und fragte an, ob mein Wunschgrundstück noch zu haben sei: JA – es hat auf mich gewartet“, erzählt die Unternehmerin voller Freude. Mit Unterstützung der städtischen Wirtschaftsförderung erwarb die Spediteurin 27.5 Hektar Land, auf welchem im Mai 2019 der erste Spatenstich folgte. Bereits zum 30. Firmenjubiläum im Februar 2020 war der Firmenumzug beendet.

Stolz blickt Romy Lange heute auf die 3000 Quadratmeter große Lagerhalle, daneben der Verwaltungstrakt, in Weinrot gehalten, wie die Fahrzeuge der Flotte. Das Unternehmen in einer männerdominierten Branche liegt nun mit Romy Lange an der Spitze erfolgreich in weiblicher Hand. Dabei hat sie neben ihrer Funktion als Geschäftsführerin immer auch ein offenes Ohr für private Probleme ihrer Mitarbeiter. „Als weibliche Führungskraft in einer Männerwirtschaft wird man schnell zur ‚Betriebsmutti‘“, erzählt Lange mit einem Augenzwinkern. 

Romy Lange, Finalistin der internen Nachfolge, Next Generation Award 2020
Lange & Töchter GmbH Internationale Transporte
, Brandenburg an der Havel

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Weibliche Nachfolge im Fokus

Der VdU verleiht zum dritten Mal den <link internal-link>Next Generation Award, den VdU-Preis für die Unternehmensnachfolgerin des Jahres. Mit dem Next Generation Award möchte der VdU zwei außergewöhnliche Frauen auszeichnen, die den Schritt als familieninterne und externe Nachfolgerinnen gegangen sind und anderen Mut machen. Die Finalistinnen des diesjährigen Next Generation Awards haben allesamt Mut, visionäre Kraft und Durchhaltevermögen bewiesen und sind somit ein wichtiges Vorbild für junge Frauen – wir freuen uns darauf, Ihnen die Nachfolgerinnen in den kommenden Wochen vorzustellen.