Ein moderner Rechtsrahmen für die Arbeitswelt der Zukunft
Die Pandemie hat die Lücken und Probleme der Regulierungen wie unter einem Brennglas sichtbar gemacht und den Nachholbedarf noch einmal verdeutlicht. Für die Unternehmerinnen ist wichtig, dass dringend die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Arbeitswelt angepasst werden müssen. Dabei darf es keineswegs nur um große tarifgebundene Unternehmen gehen, sondern es müssen vielmehr kleine und mittelständische Unternehmen und Kleinstunternehmen stärker in den Blick genommen werden, da es für sie schwerer ist, Fachkräfte oder Auszubildende zu gewinnen. Denn die Unternehmen sind oft unbekannter und nicht selten in der Provinz angesiedelt. Um Nachwuchskräfte, die flexibleres und selbstbestimmteres Arbeiten einfordern, zu gewinnen und zu halten, müssen Unternehmer*innen individuelle Arbeitsmodelle und die Möglichkeit zu mobiler Arbeit anbieten. Der aktuelle Gesetzesrahmen wird dem aber häufig nicht gerecht. So sind Öffnungsklauseln im Arbeitszeitgesetz nur für tarifgebundene Unternehmen nicht hilfreich, da die große Mehrheit der KMU nicht tarifgebunden ist. Um zudem die Erwerbsarbeit von Frauen zu erleichtern und es für sie attraktiver zu machen, den Erwerbsumfang auszuweiten, muss der Gesetzgeber die Maßnahmen intensivieren, die die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Sorgearbeit verbessern sowie im Steuer- und Sozialversicherungsrecht Fehlanreize abschaffen.
Die Wirtschaftskommission des VdU benennt fünf politische Handlungsfelder für die Arbeitswelt der Zukunft:
1. REFORM DES RECHTSRAHMENS
- Arbeitszeitgesetz reformieren
- Regelungen für mobiles Arbeiten an die Arbeitswelt anpassen
- Regelungen gegen Scheinselbstständigkeit reformieren
2. ESSENZIELLE BAUSTEINE FÜR FLEXIBLES ARBEITEN UND DEN RESTART
- Werk- und Dienstverträge sowie Arbeitnehmerüberlassung beibehalten
- Minijobs erhalten und reformieren
3. STÄRKUNG VON FRAUEN AUF DEM ARBEITSMARKT
- Fehlanreize im Steuer- und Abgabensystem beseitigen
- Bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Sorgearbeit
4. SICHERSTELLUNG DER DIGITALEN INFRASTRUKTUR
- Breitbandausbau beschleunigen und Mobilfunk-Netzabdeckung gewährleisten
5. FACHKRÄFTESICHERUNG DURCH ZUWANDERUNG
1. REFORM DES RECHTSRAHMENS
Die Digitalisierung ermöglicht in vielen Bereichen orts- und zeitunabhängiges Arbeiten und schafft so ein hohes Maß an Flexibilität für Beschäftigte und Unternehmer*innen. Privatleben und Beruf können z. B. oftmals besser vereinbart und Pendelzeiten reduziert werden. Damit diese Möglichkeiten jedoch genutzt werden können, braucht es zeitgemäße Reformen im Arbeitszeitgesetz und Regelungen für mobiles Arbeiten:
Arbeitszeitgesetz modernisieren
Das aktuelle Arbeitszeitgesetz stammt aus dem Jahr 1994 – eine Zeit, in der E-Mails und Smartphones noch nicht zum Arbeitsalltag gehörten. Um den Herausforderungen der Digitalisierung und den Wünschen von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen nach mehr Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort gerecht zu werden, braucht Deutschland ein modernes Arbeitszeitgesetz, das mehr flexible Einteilung der Arbeit am Tag und unter der Woche ermöglicht.
Die restriktiven Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes schränken jedoch insbesondere die große Zahl der kleineren und mittleren Unternehmen, die keinem Tarifvertrag unterliegen, ein, den Wünschen der Arbeitnehmenden entgegenzukommen. Wir regen daher eine Novellierung des Arbeitszeitgesetzes an. Uns ist bewusst, dass man dabei besonders Arbeitnehmer*innen im Blick haben muss, bei denen Arbeit weitgehend fremdbestimmt, schicht-getaktet, körperlich hart oder sonst sehr belastend ist. Zudem müssen alle Änderungen den Vorgaben der EU-Arbeitszeit-Richtlinie entsprechen.
Das Gesetz sollte von der Messung der Tageshöchstzeit auf die der Wochenarbeitszeit verändert werden. Das Entkoppeln vom Tagwerk auf einen größeren Bezugszeitraum ermöglicht flexibleres Arbeiten, das stärkere Ausrichten auf persönliche, aber auch betriebliche Belange und Umstände. Das wäre auch ein Beitrag zu einem arbeitnehmerfreundlicheren Freizeitverhältnis. Das Umstellen sollte individualvertraglich vereinbart werden. Mindestens muss es möglich sein, die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden gelegentlich ausweiten zu dürfen, wenn innerhalb von zwölf Kalendermonaten im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Bei der Umstellung auf die Wochenarbeitszeit bedarf es auch Reformen bei der starren Mindestruhezeit. In Fällen, in denen die Arbeitszeit von Arbeitnehmer*innen selbst festgelegt werden kann, ist nach europäischem Recht eine Reduzierung der Mindestruhezeit um eine Stunde zulässig (Art. 17 Abs. 1 RL). Das ist ebenso bei Tätigkeiten möglich, bei denen die Arbeitszeiten über den Tag verteilt sind (Art. 17 Abs. 4 lit. b). Gerade im Bereich der Wissens- und Projektarbeit ist es nicht immer erforderlich, dass die tägliche Arbeitsleistung am Stück erbracht wird; sie wird zudem in vielen Fällen autonom durch den/die Arbeitnehmer*in bestimmt. Denn gerade auch mit Blick auf die Vereinbarkeit von Privatem und Beruf ist es nicht ungewöhnlich, dass Arbeitnehmer*innen beispielswiese am Nachmittag ihre Arbeitszeit für die Kinderbetreuung oder ehrenamtliches Engagement unterbrechen und dann abends noch einmal arbeiten wollen. Wir regen daher eine Reduzierung der elfstündigen Mindestruhezeit für diese Fälle an.
Schließlich wäre wichtig, dass der Gesetzgeber – etwa in der Gesetzesbegründung – klarstellt, dass Konstellationen wie das Überprüfen von E-Mails oder sonstiges kurzes Befassen mit dem Beruf in der Freizeit nicht als „Arbeitszeit“ gilt, wenn es freiwillig veranlasst ist, vom Arbeitgeber nicht erwartet und erst recht keine Aktion (z. B. eine Antwort o. ä.) erwartet wird. Anderenfalls hätten Arbeitnehmer*innen es in der Hand, durch spätabendliche Arbeit den Beginn der Arbeit am Folgetag stets eigenmächtig zu verschieben.
Regelungen für mobiles Arbeiten an die Arbeitswelt anpassen
Wir lehnen ein Recht auf mobiles Arbeiten ab. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Unternehmen schnell auf virtuelle Organisationsformen umgeschwenkt sind. Laut einer Umfrage des VdU unter seinen Mitgliedern aus dem Mai 2021 planen drei Viertel der Unternehmerinnen auch nach der Corona-Pandemie an hybriden Arbeiten festzuhalten. Die frauengeführten Unternehmen, die vollständig am festen Arbeitsplatz arbeiten werden, tun dies mehrheitlich (95 Prozent), weil mobiles Arbeiten in ihrem Unternehmen aufgrund der Geschäftsprozesse, Produkte oder Dienstleistungen nicht möglich ist. Die Erfahrungen machen deutlich, dass ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten nicht erforderlich ist.
Viele Unternehmen begründen die Entscheidung für hybrides Arbeiten unter anderem mit den positiven Erfahrungen während der Pandemie, weisen aber auch auf die damit verbundenen Herausforderungen hin. Zum einen muss auf die Sichtbarkeit aller Mitarbeitenden geachtet werden, damit Karrierechancen nicht an Präsenz gebunden sind – dies gilt insbesondere für Frauen, die häufiger im Homeoffice tätig sind. Zum anderen weist der bestehende Rechtsrahmen zu mobilem Arbeiten und Homeoffice sowohl für Arbeitgeber*innen als auch für Arbeitnehmer*innen viele offene Fragen und Lücken auf, die dringend geschlossen werden müssen. So bedarf es Anpassungen hinsichtlich Arbeitsschutzes und -sicherheit, Datenschutz, Haftungsfragen sowie Kostentragungen des Arbeitgebers und Arbeitszeiten. Konkret müssen geklärt werden:
- Arbeitgeber*innen sind aktuell zur Informations- und Kontrollpflicht von Gesundheitsschutz und Risikominimierung gesetzlich verpflichtet. Die geltende Kontrollpflicht der Arbeitgeber*innen ist jedoch beim mobilen Arbeiten nicht umsetzbar. Der Respekt vor der Privatsphäre der Arbeitnehmer*innen gehört zu den Werten der Unternehmerinnen und diese gilt es auch weiterhin zu wahren.
- Vorhandene Regelungen zum Datenschutz sind überwiegend auf Tätigkeiten im Betrieb ausgerichtet und mit Blick auf Homeoffice-Tätigkeiten noch nicht geklärt.
- Bei Unfällen im Homeoffice sind Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen aktuell nicht in gleichem Maße abgesichert wie bei Tätigkeiten im Betrieb. Auch hier braucht es Anpassungen in der Gesetzgebung, um Haftungs- und Versicherungsfragen eindeutig zu klären.
- Mobiles und hybrides Arbeiten bedeutet, dass sich der Arbeitsort zumindest zum Teil verlagert und entsprechend überall mit geeigneten Endgeräten und Büromöbeln ausgestattet sein muss. Ganz praktische Fragen wie z. B. die Finanzierung einer doppelten Ausstattung für das Homeoffice und das betriebliche Büro sowie der Betriebskosten für beispielsweise Internetanschluss und Strom sind weiterhin ungeklärt.
Regelungen gegen Scheinselbstständigkeit reformieren
Hochqualifizierte Solo-Selbstständige und Freiberufler*innen stehen zunehmend unter dem Generalverdacht der Scheinselbstständigkeit und Auftraggeber*innen werden teilweise mit hohen Strafzahlungen belegt. Grund dafür ist eine unklare Gesetzeslage, die eine eindeutige Einordnung von Selbstständigkeit verhindert. Aus Sicht der Unternehmerinnen braucht es eine klare und rechtssichere Abgrenzung hochqualifizierter Selbstständiger von abhängig Beschäftigen, die für jede/n Auftraggeber*in und Auftragnehmer*in nachvollziehbar ist. Konkret fordern die Unternehmerinnen:
- Eine Korrektur des Statusfeststellungsverfahrens, sodass dieses nicht auftragsspezifisch erfolgt, sondern sich insgesamt an der beruflichen Tätigkeit einer*s Selbstständigen orientiert. Zudem sollte die Prüfung eine Bindungswirkung für einen längeren Zeitraum garantieren.
- Verhältnismäßige Sanktionen für Unternehmen für den Fall, dass eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung festgestellt wurde. Aktuell drohen hohe finanzielle und strafrechtliche Sanktionen, die KMU z. T. in Existenznöte bringen. Solang die Rechtssicherheit zur Definition von Selbstständigkeit nicht gegeben ist, sollten Sanktionen ausgesetzt werden. Sobald Rechtssicherheit vorherrscht, sollten die Sanktionszahlungen nicht zur Existenzbedrohung werden, sofern kein Vorsatz vorliegt.
- Eine Förderung der Kultur der Selbstständigkeit. Innovation und Fortschritt leben von einer lebendigen Gründungskultur, allerdings nimmt die Bereitschaft, als Selbstständige*r zu arbeiten, nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie ab. Rechtliche Klarheit, weniger bürokratische Hürden und finanzielle Gründungsförderungen können hier helfen.
2. ESSENZIELLE BAUSTEINE FÜR FLEXIBLES ARBEITEN UND DEN RESTART
Um dringend gebrauchte Fach- und Aushilfskräfte gewinnen zu können, spielen flexible Arbeits- und Vertragsformen für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen eine wichtige Rolle. Auch für den Restart der Unternehmen nach der Corona-Pandemie sind sowohl Werk- und Dienstverträge, Arbeitnehmerüberlassung als auch Minijobs essenzielle Bausteine, um die Wirtschaftskraft schnell wieder aufnehmen zu können.
Werk- und Dienstverträge sowie Arbeitnehmerüberlassung beibehalten
Werk- und Dienstverträge sowie Arbeitnehmerüberlassung sind für Unternehmer*innen notwendige Bestandteile einer arbeitsteiligen und flexiblen Wirtschaft und sollten als Vertragsform auch zukünftig erhalten bleiben, denn sie werden vielfach in hochspezialisierten Bereichen mit Fachkräftemangel, z. B. in der IT-Branche, eingesetzt. Fachkräfte mit spezialisiertem Wissen, Innovationsfähigkeit und Mobilität sind in Deutschland knapp und folglich sehr stark nachgefragt. Die Wirkungsmöglichkeiten dieser freiberuflichen Wissensarbeiter*innen dürfen nicht durch pauschale regulatorische Eingriffe eingeschränkt werden.
Unter dem Eindruck der missbräuchlichen Nutzung von Werkverträgen, werden auch hochqualifizierte Solo-Selbstständige, Freiberufler*innen und Arbeitgeber*innen zunehmend unter den Generalverdacht der Scheinselbstständigkeit gestellt. Grund dafür ist die oben beschriebene unklare Gesetzeslage, die eine klare Einordnung von Selbstständigkeit verhindert. Die Unternehmerinnen des VdU begrüßen ausdrücklich ein gezieltes Handeln der Bundesregierung gegen Missstände. Jedoch braucht es eine klare und rechtssichere Abgrenzung hochqualifizierter Selbstständiger von abhängig Beschäftigen, die für jede/n Auftraggeber*in und Auftragnehmer*in nachvollziehbar ist.
Minijobs erhalten und reformieren
Die Entgeltobergrenze für Minijobs muss im Interesse aller Beteiligten endlich von 450 Euro auf monatlich 600 Euro angehoben werden. Zudem sollte die Entgeltobergrenze zukünftig mit dem Mindestlohn mitwachsen: Dies würde es Arbeitnehmer*innen ermöglichen, ihre Arbeitszeit beizubehalten oder sogar zu erhöhen und gleichzeitig mehr Lohn zu erhalten. Arbeitgeber*innen wiederum können ihre Personalplanung verlässlicher gestalten.
Denn Minijobber*innen und deren Arbeitgeber*innen stehen nicht erst seit der Pandemie massiv unter Druck. Während der Mindestlohn seit 2015 viermal angehoben wurde, blieb die Entgeltobergrenze für Minijobs stets bei 450 Euro. Durch die stufenweise Anhebung des Mindestlohns bei gleichzeitiger Beibehaltung der Entgeltobergrenze bei Minijobs geraten geringfügig Beschäftigte und Arbeitgeber*innen in ein Dilemma: Entweder Minijobber*innen verkürzen ihre Arbeitszeit oder sie müssen ab dem ersten Euro Mehrverdienst Sozialabgaben zahlen und damit weniger Verdienst hinnehmen. Auch die Unternehmer*innen bringt dies in eine schwierige Situation, denn sie sind auf diese flexiblen Arbeitskräfte angewiesen – durch die Corona-Pandemie mehr denn je. Viele Arbeitgeber*innen zahlen zudem Minijobber*innen bereits weit mehr als den Mindestlohn. Wenn ihre geringfügig Beschäftigten immer weniger Stunden arbeiten und Möglichkeiten haben, um unter der 450-Euro-Grenze zu bleiben, drohen personelle Engpässe.
Statt diese Form der Beschäftigung gänzlich abzuschaffen, sollte der Gesetzgeber eher ermöglichen, dass Minijobber*innen Kurzarbeitergeld (KuG) erhalten. Bereits jetzt zahlen Arbeitgeber*innen 30 Prozent Abgaben auf Minijobs. Die Unternehmerinnen des VdU fordern daher, dass fünf Prozent davon in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt werden, um eine Inanspruchnahme von KuG zu ermöglichen.
3. STÄRKUNG VON FRAUEN AUF DEM ARBEITSMARKT
Die nächste Bundesregierung muss stärker dazu beitragen, die Gleichstellung von Frauen und Männern unter anderem auch auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen. Zwar ist die Frauenerwerbstätigkeit in Deutschland in den vergangenen Jahren gestiegen, allerdings sind Frauen weiterhin bei Unternehmensgründungen, in der Unternehmensnachfolge, in bestimmten Berufen (insbesondre MINT), Branchen und in Führungspositionen unterrepräsentiert. Die Ursachen sind bekannt. Rollenstereotype beeinflussen nach wie vor die Berufswahl. Familienbedingt z. B. durch Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen unterbrechen oder reduzieren Frauen ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger als Männer (Teilzeitfalle). Dass das Steuer- und Abgabensystem noch immer auf die Einverdiener-Ehe ausgerichtet ist, hemmt zudem den Ausbau des Erwerbsumfangs von Frauen. Dies alles befeuert die negative Spirale, sodass Frauen über weniger Nettoeinkommen verfügen, damit eher bereit sind, beruflich zurückzustecken und im Alter stärker von Altersarmut betroffen sind.
Fehlanreize im Steuer- und Abgabensystem beseitigen
Der Gesetzgeber muss insbesondere im Steuer- und Sozialrecht Maßnahmen ergreifen, die Fehlanreize abschaffen und die Erwerbsarbeit von Frauen erleichtern und es attraktiver machen, den Erwerbsumfang auszuweiten. Hierzu gehören die Abschaffung der Steuerklasse V und stattdessen die Stärkung des Faktorverfahren bei IV/IV, die vollständige Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten von der Einkommenssteuer, die Abschaffung der kostenlosen Mitversicherung des/r Ehepartner*in in der Krankenkasse sowie die Deckelung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Sorgearbeit
Bessere Bedingungen für Vereinbarkeit sind das A und O für eine wirtschaftliche Stärkung von Frauen. Mütter und Väter brauchen weitere politische Maßnahmen und verlässliche Angebote und Strukturen, um Beruf, Familie und Pflege besser zu vereinen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist dabei ein wichtiger Baustein und muss bis 2025 umgesetzt werden. Dafür muss die nächste Bundesregierung den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen und -betreuung beschleunigen sowie auf eine Kita-Betreuung auch in den Randzeiten hinwirken. Eine Betreuung in den Randzeiten bedeutet beispielsweise auch, eine nächtliche Versorgung im Falle von Dienstreisen und Arbeit im Schichtsystem. Hier darf es aber nicht nur um die Deckung des Bedarfs gehen, die Qualität der Kinderbetreuung muss ebenso gewähreistet werden.
Väter müssen sich zudem stärker an der Sorgearbeit in den Familien beteiligen. Bei der Elterngeldregelung sollten wirksame Anreize für eine faire 50:50 Teilung der bezahlten Elternzeiten zwischen den Partner*innen geschaffen werden. Zudem müssen für Selbstständige und Freiberuflerinnen der Zugang zum Mutterschutz verbessert und das Elterngeld angepasst und vereinfacht werden.
4. SICHERSTELLUNG DER DIGITALEN INFRASTRUKTUR
Grundlage für den Auf- und Ausbau der Digitalisierung des Mittelstandes ist eine flächendeckende und leistungsfähige digitale Infrastruktur. Im Bereich Breitband- und Mobilfunkausbau besteht jedoch großer Aufholbedarf.
Breitbandausbau beschleunigen und Mobilfunk-Netzabdeckung gewährleisten
Viele KMU sind in ländlichen Regionen angesiedelt. Sie sind dort stark verankert, leiden aber massiv unter der mangelhaften digitalen Infrastruktur. Nur, wenn der Breitbandausbau endlich beschleunigt und die Mobilfunk-Netzabdeckung auch für KMU in der Fläche gewährleistet wird, können Unternehmen innovative Dienste, Technologien und Anwendungen nutzen und damit weiter zur Wertschöpfung beitragen, nachhaltig wirtschaften und auch in Zukunft erfolgreich sein.
Obwohl die Bundesregierung die Bedeutung eines flächendeckenden Netzausbaus erkannt und sich das Jahr 2025 zum Ziel gesetzt hat, stoßen diese politischen Ziele weiterhin auf praktische Umsetzungsprobleme. Ein Mangel an qualifiziertem Personal in den ausführenden Unternehmen und Behörden sowie langwierige Genehmigungs- und Vergabeprozesse bei Planung und Bau führen weiterhin zu Verzögerungen, die dringend angegangen und bundeseinheitlich umgesetzt werden müssen.
5. FACHKRÄFTESICHERUNG DURCH ZUWANDERUNG
Teil der Strategie zur Fachkräftesicherung in Deutschland sollte sowohl die gesteuerte Zuwanderung, auch aus dem EU-Ausland, als auch die Nutzung des Potentials von Geflüchteten sein.
Wichtig ist dabei, die gesteuerte Erwerbsmigration von Fachkräften, als eine Antwort auf den Fachkräftebedarf kleiner und mittelständischer Unternehmen, zu erleichtern. Die Umsetzung des im März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes muss dafür verbessert werden: Bürokratische Hürden müssen abgebaut, die Anerkennung von Berufsabschlüssen in den Bundesländern vereinheitlicht und vor allem beschleunigt werden. Dafür müssen insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung auf Behördenebene besser genutzt werden.
Viele Unternehmerinnen des VdU engagieren sich für die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt und in unsere Gesellschaft, indem sie Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplätze anbieten sowie in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Die Unternehmerinnen fordern, dass die Ausbildungsduldung (sog. 3+2-Regelung) vollumfänglich umgesetzt wird. Auszubildende müssen ihre Berufsausbildung beenden können und dürfen nicht währenddessen abgeschoben werden. Es ist zudem wichtig, Klarheit über die weiteren Bleibeperspektiven von qualifizierten und erfolgreich im Arbeitsmarkt integrierten Geflüchteten als Fachkräfte zu schaffen.
Juli 2021 | Das Positionspapier gibt es hier zum Download.
Kontakt
Inken Patermann, Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU),
Tel.: 030 200 59 19 19; E-Mail: inken.patermann@vdu.de, www.vdu.de
Über den VdU
Im Verband deutscher Unternehmerinnen e. V. (VdU) sind rund 1.800 Unternehmerinnen organisiert. Die Unternehmerinnen erwirtschaften zusammen einen Jahresumsatz von 85 Milliarden EUR und beschäftigen über 500.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Seit 65 Jahren setzt der VdU sich erfolgreich dafür ein, dass die Stimme der Unternehmerinnen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angemessen Gehör findet.