Baden

Vergessene Held*innen

Elisabeth Schönwiese, seit 20 Jahren VdU-Mitglied, Mitbegründerin des Kompetenzteams Gebäudereinigung und Buchautorin: „Es macht mich nicht traurig, es ärgert mich und hat mich schon immer geärgert: Bei negativen Schlagzeilen – nehmen wir das Beispiel Mindestlohn, da tauchen sie auf, die vergessenen Held*innen.“

Im Hintergrund suggerieren Bilder mit Reinigungskräften, hier wird von Arbeitgeber*innen ausgebeutet. Was so gar nicht der Realität entspricht. Jetzt, wo auch Sie ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, erscheint kein Bild, nein nicht mal eine Erwähnung am Rande sind sie wert.

Unsere Mitarbeiter*innen im Gebäudereiniger-Handwerk, die tagtäglich immer noch im Einsatz sind, sehr oft ganz nah an den Menschen und sich der Gefahr der Ansteckung aussetzen. Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter*innen, die uns und unseren Kunden auch in dieser Krise solidarisch zur Seite stehen. Auch sie haben eine ganz besondere und auch öffentliche Anerkennung verdient.

Einerseits stehen die Unternehmen des Gebäudereiniger-Handwerks und ihre Beschäftigten in dieser Krise vor besonderen fachlich-technischen An- und Herausforderungen in Bezug auf notwendige Desinfektions- und Hygienemaßnahmen in besonderen Einrichtungen oder um das Gefährdungsrisiko unserer Mitarbeiter*innen und für uns alle zu minimieren. Der Krankenstand hat sich extrem erhöht. Das Corona-Virus schürt offensichtlich auch bei denen Ängste, die Arbeit haben und in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen eingesetzt sind. Ganz zu schweigen von den Lieferengpässen und Kostensteigerungen im Bereich Schutz- und Desinfektionsartikel.

Andererseits sind viele öffentliche Gebäude wie Schulen, Kindergärten, Veranstaltungsbereiche und Verwaltungen geschlossen oder nur teilgeöffnet. Aufträge brechen von heute auf morgen weg. Bei über 85% Lohnkosten kann das sehr schnell zu Liquiditätsengpässen führen. Für unsere Mitarbeiter*innen, die täglich bei unseren Kunden im Einsatz sind, gibt es kein Homeoffice.

Aber auch viele unserer Kunden haben ein Dankeschön verdient. Die Kunden, die im Moment noch die monatlichen Rechnungsbeträge weiterbezahlen, allen voran die öffentlichen Auftraggeber. Dort sind die Gelder eingeplant und vorhanden. Dadurch ermöglichen sie unseren Betrieben, dass wir noch keine Mitarbeiter*innen entlassen müssen und die Löhne zum Teil weiterbezahlen können, in der Hoffnung, dass rechtzeitig die großzügig angepriesenen staatlichen Unterstützungen die drohenden Insolvenzen abfedern können. Ungeachtet dessen werden sich viele Betriebe, wenn sie überleben wollen, für viele Jahre verschulden müssen.

Ein kleines positives Beispiel, für viele, aus der täglichen Praxis: Eine langjährige private Kundin, die zur Risikogruppe zählt, hatte verständlicherweise vorerst auf unseren Reinigungsdienst verzichtet. Nun kam ein Hilferuf mit der Bitte, die gewohnte Reinigungskraft unter Berücksichtigung aller Vorsichts-, Schutz und Hygienemaßnahmen zu ihr zu senden, da sie ja selbst nicht mehr in der Lage ist, die Arbeiten zu erledigen. Wir danken dieser Kundin für ihr Vertrauen und unserer Mitarbeiterin für ihre Solidarität und die Bereitschaft, den zusätzlich notwendigen Aufwand, der durch die Schutz- und Hygienemaßnahmen notwendig ist, auf sich zu nehmen.

Diese Mitarbeiterin steht für viele unserer Mitarbeiter*innen in diesen Zeiten als Vorbild und ist dennoch eine „vergessene Heldin“. Wir haben die Hoffnung, dass wir alle aus dieser Krise lernen und die, die täglich ihre Dienstleistung an uns und für uns alle erbringen, mehr Wertschätzung erfahren. Und dass diese Wertschätzung auch zu einer gerechteren Bezahlung führt und wir alle bereit sind, diese Leistung so zu bezahlen und wertzuschätzen, dass mehr Menschen diese Arbeiten ausführen werden.


Text: Elisabeth Schönwiese, Gebäudereinigung Schönwiese GmbH

Fotos: Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV)