Wirtschaft & Arbeit Umfrage

VdU-Umfrage: Viele kleine und mittelständische Unternehmen stehen absehbar vor dem Aus

Die vierte Unternehmerinnenumfrage vom 20. April 2020 zeigt: Viele kleine und mittelständische Unternehmen stehen absehbar vor dem Aus. Die Situation der Unternehmerinnen in der Corona-Krise verschärft sich zusehends. Große Sorge bereitet den Unternehmerinnen die geringe Unterstützung für Familien bei der Kinderbetreuung in der Corona-Krise.

Starke Umsatzrückgänge bei der Mehrheit der Unternehmen
Die Situation der Unternehmerinnen in der Corona-Krise verschärft sich zusehends. Ihr Umsatz ist seit Mitte März im Schnitt um 44 Prozent eingebrochen, drei Viertel verzeichnen einen Umsatzrückgang, jede Zweite musste Wirtschaftshilfen beantragen. 

Das Kurzarbeitergeld und die Direktzuschüsse von Bund und Ländern sind dabei die mit Abstand wichtigsten Hilfen, neben der Stundung sowie der Herabsetzung der Vorauszahlungen von Steuern und Sozialabgaben. Das Kurzarbeitergeld hat sich bereits in den zurückliegenden Krisen als erfolgreiches Instrument bewährt, jedoch bringt es viele Betriebe in Nöte, da die Anträge aufgrund der Überlastung der Behörden sehr langsam bearbeitet werden. Die Unternehmerinnen haben Schwierigkeiten, das Kurzarbeitergeld im April den zweiten Monat in Folge vorzustrecken. Nur sieben Prozent haben das Kurzarbeitergeld bisher erhalten, 42 Prozent haben es beantragt und warten noch auf die Erstattung durch die Bundesagentur für Arbeit. 

Hingegen sind die KfW-Kredite weniger hilfreich: nur 15 Prozent der Unternehmerinnen haben einen KfW-Schnellkredit beantragt bzw. planen eine Beantragung.  

Viele Unternehmerinnen stehen vor dem Aus
VdU-Präsidentin Jasmin Arbabian-Vogel zeigt sich besorgt über drohende Insolvenzen in den kommenden Wochen und Monaten: „ Die Unternehmen können ihre Liquiditätsengpässe mit Rücklagen und staatlichen Hilfen nur für eine begrenzte Zeit überbrücken.” Rund 14 Prozent der Unternehmerinnen sind nur noch vier Wochen zahlungsfähig, 21 Prozent schaffen noch maximal zwei Monate und nur jede fünfte Unternehmerin geht davon aus, dass ihre Liquidität für mehr als sechs Monate reichen wird.
 

Flexibles Arbeiten als Antwort auf die Krise
Grundsätzlich bleiben die Unternehmerinnen optimistisch. Schließungen mangels Aufträge oder auch aufgrund von behördlichen Anordnungen treffen für mehr als drei Viertel der Befragten nicht zu. Bislang schließen auch 91 Prozent der Unternehmerinnen eine Insolvenz aus, allerdings ist für fast ein Drittel die betriebsbedingte Kündigung eine Maßnahme zur Rettung des Unternehmens.


Die Mehrzahl muss auf Wirtschaftshilfen zurückgreifen
Knapp ein Drittel der Unternehmerinnen kommt nach aktueller Einschätzung auch ohne Wirtschaftshilfen durch die Krise, jede Zweite hat bereits Hilfen beantragt, weitere 19 Prozent werden möglicherweise die Angebote von Bund und Ländern in Anspruch nehmen.
 

Lockerungen der Einschränkungen in der Kritik
Rund die Hälfte der Unternehmerinnen (49 Prozent) findet die Lockerungen der Beschränkungen, die die Bundesregierung am 15. März angekündigt hat, angemessen. Für 20 Prozent kommen die Lockerungen zu früh und 30 Prozent halten die Lockerungen für zu zögerlich (205 Antworten auf diese Frage).

Viele Unternehmerinnen wünschen ein Licht am Ende des Tunnels und eine klarere zeitliche Perspektive. Der VdU fordert daher mehr Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein von Unternehmer*innen, Arbeitnehmer*innen und Bürger*innen, bei weiteren Lockerungen der Beschränkungen.

Kritisiert wird die unterschiedliche Handhabung von Öffnungen abhängig von der Quadratmetergröße und mehr Unterstützung wird für Unternehmen der Gastronomie, Hotellerie und Kulturbetriebe gefordert. Insbesondere sehen die Unternehmerinnen Nachjustierungsbedarf bei der Kinderbetreuung und der Schulöffnung.


Flexibles Arbeiten etabliert sich in den Unternehmen
Für 73 Prozent der Unternehmerinnen ist flexibles Arbeiten grundsätzlich möglich. Eine Mehrheit von ihnen hat sich mit dem flexiblen Arbeiten in den Betrieben arrangiert (61 Prozent). Nur 27 Prozent der Befragten haben kein Home Office eingerichtet. Insgesamt 92 Prozent der Unternehmerinnen finden, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter*innen die Arbeit aktuell sehr gut stemmt. Allerdings zeigen sich bereits die Herausforderungen in der Führung aus der Ferne. Die digitalen Voraussetzungen für flexibles Arbeiten sind bereits geschaffen: 72 Prozent stellen keine Einschränkungen aufgrund der technischen Voraussetzungen fest und immerhin klagt jede zweite Befragte nicht über eine fehlende Netzabdeckung (54 Prozent).


Unternehmerinnen betreuen Kinder im Home Office
Mehr als die Hälfte der Unternehmerinnen mit minderjährigen Kindern betreut sie aktuell, während sie von zu Hause aus arbeiten. Nach Auffassung des VdU braucht es jetzt Konzepte und konkrete Fahrpläne für eine schrittweise Öffnung der Kitas, Grundschulen und Horte, in denen beispielsweise Ansätze wie stundenweise Betreuung in kleinen Gruppen und die Verkürzung der Sommerferien durchgespielt werden.

Große Sorge bereitet den Unternehmerinnen generell die geringe Unterstützung für Familien bei der Kinderbetreuung in der Corona-Krise. Jasmin Arbabian-Vogel mahnt: „ Für berufstätige Alleinerziehende und Elternpaare – egal ob Unternehmer*in oder Arbeitnehmer*in – ist es seit der Schließung der Schulen und Kitas eine enorme Herausforderung ihrer Erwerbsarbeit nachzugehen und gleichzeitig die ganztägige Betreuung ihrer Kinder zu stemmen. Kinder, berufstätige Eltern und Arbeitgeber benötigen jetzt konkrete Lösungen, um durch die Krise zu kommen und eine Perspektive wie es schrittweise weitergehen kann.”


Die gesamten Umfrageergebnisse gibt es hier zum Download.

Die Umfrage wurde vom 20. bis zum 23. April durchgeführt und basiert auf einer Online-Befragung von 212 deutschen Unternehmerinnen, die Mitglied beim VdU sind.

Die Antworten verteilen sich auf folgende Branchen: Dienstleistung (65,4%), Handel (11,7%), Produktion (6,8%), Handwerk (4,9%), Gastronomie/Hotellerie (2,4%), Weitere (8,8%).

Nach Unternehmensgrößen verteilen sich die Antworten wie folgt: <20 Mitarbeiter*innen (77,2%), 20-50 Mitarbeiter*innen (10,7%) und >50 (12,1%).